Zuletzt aktualisiert: 07.05.2023
Kreativität ist ein populärer Begriff in vielen verschiedenen Bereichen wie etwa Kunst, Wirtschaft oder Politik. Im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnen wir sowohl Erzeugnisse wie Gemälde oder Filme als kreativ als auch Personen, Unternehmen oder Verhaltensweisen. Die Bedeutung des Begriffs Kreativität ist damit bei näherer Betrachtung gar nicht so klar, wie zunächst vermutet: Wann ist ein Gedanke oder eine Handlung „kreativ“? Welche Kriterien sind erfüllt, wenn wir einem Kunstobjekt oder einem Künstler Kreativität zusprechen? Was macht Kreativität aus?
Kreativität kann allgemein definiert werden als die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neuartig und nützlich ist. Häufig wird gegen diese Definition eingewendet, dass Kunst gerade nicht nützlich und funktional sein will. Daher ist es wichtig herauszustellen, dass das Nützlichkeitskriterium in diesem Kontext eher als „zweckdienlich“ zu deuten ist. Dieser Zweck muss nicht notwendigerweise funktionaler oder wirtschaftlicher Art sein, sondern kann demnach z.B. auch auf ein ästhetisches Erlebnis oder eine Bewusstseinserfahrung abzielen.
Kreativität in der Kunst: gesellschaftlicher Konsens
Kreativität wird von verschiedenen Personengruppen unterschiedlich aufgefasst: Kreativität liegt im Auge des Betrachters. Was für die eine Person neuartig und nützlich erscheint, ist für eine andere Person vielleicht schon kalter Kaffee. Gerade am Beispiel Kunst zeigen die unterschiedlichen Epochen, dass die Kritieren für kreative Werke stark vom jeweiligen Zeitgeist geprägt waren. Auch die zeitgenössische Kunst, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung häufig provoziert und auf Unverständnis trifft, ist ein Beispiel dafür. Nicht wenigen Betrachtern kommen dann Aussagen wie „Und das soll Kunst sein?“ oder „Das kann doch jedes Kind!“ über die Lippen.
Der gesellschaftliche Mainstream-Konsens verschiebt sich jedoch fortlaufend. Das lässt sich leicht an einem Blick auf die verschiedenen Epochen der Kunstgeschichte illustrieren. Der italienische Licht- und Konzeptkünstler Maurizio Nannucci bringt dies mit einer seiner Neon-Arbeit folgendermaßen auf den Punkt: All art has been contemporary. Kreativ ist in diesem Sinne, was der gegenwärtige gesellschaftliche Konsens als kreativ bewertet.
Kreativität in Alltag, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik
Wenn in der Wissenschaft, Wirtschaft oder Politik die Rede von Kreativität ist, ist in der Regel ein engerer Begriff von Kreativität gemeint. In diesen Bereichen steht Problemlösung im Vodergrund. Mit Kreativität können Lösungen für komplexe Probleme gefunden werden, wenn klassische Lösungenmethoden versagen.
Für die meisten Aufgaben im Alltag gibt es bewährte Lösungsverfahren. Wir wissen zum Beispiel, dass wir Nahrungsmittel beschaffen, indem wir einkaufen. Oder dass wir durch regelmäßiges Zähneputzen die Gesundheit unserer Zähne erhalten können. In diesen Fällen ist es gut, dass wir nicht jeden Tag von Neuem überlegen müssen, wie wir diese Aufgaben bewältigen.
In Problemsituationen, die für uns neu und unbekannt sind, oder wenn wir bestehende Lösungen verbessern wollen, steht uns in der Regel noch keine Strategie zur Problembewältigung zur Verfügung. In diesen Situationen versuchen wir durch unkonventionelle – also kreative – Ideen, neue oder verbesserte Lösungen zu finden.
In Alltag, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik geht es in der Regel um Problemlösung, wenn wir von Kreativität sprechen. Durch neue, unkonventionelle Wege soll ein ganz bestimmtes Problem beseitigt werden. Beispiele dafür sind:
- Wie kann eine gesetzliche Regelung zum Schwangerschaftsabbruch die Freiheit der werdenden Mutter und die Unversehrtheit eines Ungeborenen vereinen?
- Wie können wir die Kundenzufriedenheit unserer Service-Abteilung steigern?
- Wie schaffen wir es, Gerechtigkeit und Freiheit unserer Bürger zu vereinen?
Das sind (zugegeben etwas abstrakte) Fragen, für die es keine bewährte Antwort gibt. Mit Hilfe von Kreativität gilt es, neue Ideen zur Lösung dieser Fragen zu gewinnen und umzusetzen.
Vier Perspektiven auf Kreativität
Mel Rhodes (1961) schlägt auf Grundlage seiner Analyse zahlreicher Kreativitätsdefinitionen vier verschiedene Perspektiven auf Kreativität vor, die jeweils unterschiedliche Aspekte betonen („Die 4 Ps der Kreativität“):
- Person
Diese Sicht blickt auf die beteiligten Personen in kreativen Situationen. Wer ist kreativ? - Process
Diese Perspektive schaut zunächst auf die Art und Weise wie kreative Erzeugnisse entstehen. Wie kommt es zu Kreativität? - Product
Dieser Blickwinkel blickt auf die Ergebnisse von Kreativität. Wann ist ein Produkt kreativ? - Press
Diese Sicht untersucht die Umgebung/das Umfeld, indem Kreativität entsteht. Welche Umweltfaktoren beeinflussen Kreativität?
Quellen
Rhodes, M. (1961): An analysis of creativity. In: Phi Delta Kappa 42 (1961), p. 305-310.