Zuletzt aktualisiert: 12.01.2024
Die How-Might-We-Technik (deutsch: Wie-können-wir-Technik) ist eine Methode, mit der effektive Problemformulierungen erzeugt werden können. Sie wird gerne beim Design Thinking verwendet, ist aber nicht darauf beschränkt.
Startpunkt für eine Ideenfindung ist üblicherweise ein wahrgenommenes Problem. Damit relevante und effektive Lösungsideen entstehen können, muss das Problem in einer konkreten Problemformulierung auf den Punkt gebracht werden.
Der Philosoph John Dewey schrieb einst: Ein gut formuliertes Problem ist halb gelöst („a problem well put is half solved“). In der Tat: Die Formulierung des Problems hat einen sehr großen Einfluss auf die Ideenfindung zur Problemlösung. Dies wird an folgendem Beispiel deutlich:
Angenommen, Petra möchte Spanisch lernen und sucht nach Ideen, wie ihr das am besten gelingt. Dazu stellt sie sich die Ausgangsfrage „Wie könnte ich Spanisch lernen?“. Dazu fallen Petra einige Optionen wie Sprachkurse, Sprachtandems und Lernapps ein. Petra könnte sich jedoch auch eine alternative Problemformulierung auswählen, wie zum Beispiel eine der folgenden:
- Wie kann ich kostenfrei Spanisch lernen?
- Wie kann ich innerhalb von 12 Monaten Spanisch auf BS-Niveau lernen?
- Wie kann ich Spanisch lernen, wenn ich pro Tag maximal 15 Minuten zur Verfügung habe?
- Wie kann ich Spanisch möglichst schnell lernen?
Beim Lesen dieser Problemformulierungen wird schnell klar, wie die einzelnen Alternativen die Ideenfindung jeweils stark beeinflusst. Eine Problemformulierung kann Lösungskriterien und Nebenbedingungen ausdrücken oder auch Schwerpunkte auf bestimmte Aspekte des Problems bzw. der Lösung setzen. Dies können wir uns zunutze machen, um effektivere Lösungsideen zu finden.
„How might we“-Problemformulierung
Mit der How-Might-We-Methode wird das Problem als eine möglichst konkrete kreative Herausforderung formuliert, die von den beteiligten Problemlösenden bewältigt werden kann. Dazu wird das Problem so formuliert, dass der Problemraum möglichst offen exploriert wird.
Schritt 1: Relevante Informationen zum Problem sammeln
Bevor eine konkrete Problemformulierung entwickelt wird, sollten möglichst viele relevante Informationen über das Problem und den Problemkontext gesammmelt werden. Dazu gehören beispielsweise Interviews mit den Betroffenen des Problems geführt werden. Für manche Probleme ist auch ein etwas vertiefteres Eintauchen in fachliche Themen hilfreich.
Es gibt keine klare Kriterien, wann und wie genügend Informationen gesammelt wurden. Orientierung gibt jedoch der Wissenszuwachs je Interview bzw. Recherchemaßnahme. Sobald zusätzliche Recherchen, Diskussionen und Interviews keine wesentlichen neuen Einsichten und Informationen für das Problemverständnis liefern, kann mit Schritt 2 fortgefahren werden.
Schritt 2: HMW-Problemformulierung(en) erzeugen
Bei der How-Might-We-Technik wird das Problem – wie der Name schon sagt – gemäß dem Schema „How might we ….?“ oder deutsch „Wie könnten wir …?“ formuliert. Hier gilt es, die richtige Balance zwischen Offenheit und Konkretheit zu finden. Eine How-Might-We-Frage sollte eine Vielzahl von Lösungen zulassen. Dies wird durch ein gewisses Maß der Abstraktion bzw. Verallgemeinerung erreicht. Gleichzeitig sollte die Fragestellung nicht zu generisch und allgemein sein, sondern vorliegende, bereits festgelegte Rahmen- und Nebenbedingungen konkret benennen.
Ähnlich wie bei Methoden zur Ideenfindung ist es sinnvoll, zunächst in einer divergenten Phase möglichst viele unterschiedliche How-Might-We-Alternativen zu erzeugen (Fokus: Quantität). Dann kann in einer anschließenden konvergenten Phase nach Durchschau und Diskussion der Alternativen die treffende, finale How-Might-We-Frage entwickelt werden (Fokus: Qualität).
How-Might-We Beispiel
How-Might-We-Beispiele für einen fiktiven Sprachkursanbieter:
- Zu eng/konkret: Wie könnten wir eine innovative Lernapp mit Vokabeltrainer und wöchentlichen Vokabelabfragen so gestalten, damit Lernende innerhalb von 6 Monaten Spanisch auf B1-Niveau erlernen?
- Zu weit/unkonkret: Wie könnten wir Spanisch-Unterricht neu gestalten?
- Angemessenes Abstraktionsniveau: Wie könnten wir Spanisch so vermitteln, dass Lernende motiviert bleiben, Spanisch bis B1-Niveau zu erlernen.
Ob eine How-Might-We-Frage zu konkret oder zu abstrakt/allgemein ist, muss von Fall zu Fall entschieden werden.
Tipps für die Erzeugung von How-Might-We-Alternativen
Die folgenden Techniken können helfen, alternative How-Might-We-Fragen zu erzeugen (Quelle: Stanford d.school).
- Das Gute verstärken:
- Das Schlechte entfernen:
- Das Gegenteil erkunden:
- Eine Annahme hinterfragen:
- Auf Adjektive abzielen:
- Unerwartete Ressourcen identifizieren:
- Eine Analogie des Bedürfnisses oder Kontexts herstellen:
- Den Status Quo verändern:
- In mehrere Teilfragen zerlegen: